DIARY
UPDATE 25/05/2004
Happy Wwoofers in Possum Manor
Wir wollen ja nicht den Anschein erwecken, dass wir es uns rund um die Uhr nur gut gehen lassen.
Natürlich müssen wir auch von Zeit zu Zeit durch Arbeit unsere Reisekasse füllen bzw. versuchen
„low budget“ zu leben. Und das geht am besten durch wwoofen. Wie schon gesagt, „wwoof“ steht für
„willing workers on organic farms“. Es gibt ca. 2000 Farmen in Australien, die Wwoof-Plätze anbieten.
Man arbeitet ca. 4-6 Stunden pro Tag und bekommt dafür eine Unterkunft und die täglichen Mahlzeiten
gestellt.
Also los gehts. Wir haben unseren schlauen Ratgeber aufgeschlagen und uns für einen Farm im Tweed Valley
entschieden. Das Farmerehepaar Joanne und Paul versprechen laut Anzeigentext eine wunderschöne Farm,
atemberaubende Aussichten auf den Mt. Warning und die umliegende Nationalparks und leckeres Essen.
Das klingt doch gut. Wir treffen uns mit Paul dem Farmer in einem verschlafenen Örtchen und fahren
dann ca. 40 Minuten ins Landesinnere. Hier gibt es nichts. Nein, das wäre gelogen. Natürlich gibt es
hier alle paar Kilometer eine Farm und endlos viele Kühe. Aber ansonsten kann man hier tagelang laufen
und würde keine Menschenseele treffen. Hier geht man einmal pro Woche einkaufen und wenn etwas fehlt,
dann hat man eben Pech. 40 Minuten fährt man nicht mal eben für einen Liter Milch.
Wir kommen irgendwann nach ewigen Kurven und Biegungen in Possum Manor an und sind hin und weg. Die
Landschaft ist einfach wunderschön und die ganze Welt wirkt so friedlich um uns herum. Das Farmhaus
steht inmitten von Palmen, Obstbäumen, Regenwald und Blumengarten. Einige Meter weiter befindet sich
ein kleines Cottage, dass wir ab sofort unser Eigen nennen dürfen. Wir beziehen unser kleines Cottage
und bekommen von Joanne erstmal superleckere Sandwiches zum Lunch aufgetischt. Wir können unser Glück
kaum fassen und fühlen uns wie im Paradies. Aber natürlich müssen wir auch für dieses Leben im
Paradies etwas tun. Am ersten Tag werden wir noch verschont, aber schon am zweiten Tag mähen wir
fleissig das Gras auf dem Grundstück und sind bis zur Mittagszeit fertig. Lunchzeit ist um 12:00 Uhr
und wird für uns eine beliebte Einrichtung, denn Joanne verwöhnt uns kulinarisch. Hier fängt das Leben
mit einem leckeren Frühstück an, geht über ein ausgiebiges Lunch und endet mit einem bezaubernden
Dinner und ein paar Gläsern Rotwein. Die Pfunde freuen sich und klettern fleissig die Waage nach oben.
Aber bei Joannes Kochkünste kann man einfach nicht nein sagen. Joanne ist ursprünglich Italienerin
und kocht für ihr Leben gerne und entsprechend gut.
Nachdem die Arbeit am Vormittag erledigt ist, geniessen wir den Nachmittag mit einem Spaziergang über
die gesamte Farm. Die Farm ist etwa 400.000m2 gross und beherbergt 36 Kühe, die alle einen Namen haben
und denen wir persönlich vorgestellt werden. Joanne und Paul sind ziemlich stolz auf ihrem Besitz und
erklären uns jede Pflanze und jedes Tier, dass wir auf dem Spaziergang treffen. Gegen 16:30 Uhr ist
es dann an der Zeit, die Kälbchen zu füttern. Diese Aufgabe soll dann in Zukunft von uns übernommen
werden. Wir haben insgesamt 4 Kälbchen, die hungrig sind, aber nur 2 milchspendende Mütter. Das heisst
wir müssen die Mütter einfangen und sie mit einem Eimer Futter ablenken, damit die Kälbchen allesamt
die Milch nuckeln können. Und das zweimal täglich um 07:00 Uhr und gegen 16:30 Uhr. Nach der Prozedur
werden dann Mütter und Kälbchen wieder getrennt und natürlich bekommen die Kälbchen auch noch etwas
Trockenfutter und ein wenig Aufmerksamkeit von uns.
Und so vergehen die Tage. Es gibt immer etwas zu tun und zu erleben. Joanne ist ganz wild darauf uns
die Umgebung und die Nachbarschaft näher zu bringen und so landen wir eines Tages zur Besichtigung in
einer Milchproduktion bei Freunden. Hier werden täglich 100 Milchkühe morgens und abends zum melken
in eine Halle getrieben und sozusagen abgezapft. Katja hätte fast eine Dusche von so einer Milchkuh
abgekommen und hat relativ schnell die Flucht aus den engen Gängen ergriffen, aber Gabor hat eisern
durchgehalten und sogar erfolgreich die Zapfmaschine an den Eutern der Kuh befestigt.
Die Nachbarschaft von Joanne und Paul ist vielseitig und nur ein paar Farmen entfernt wohnen zwei
schwule Junggesellen, bei denen wir einen BBQ-Nachmittag verbracht haben. Die beiden versuchen sich
durch ihre kleine Farm selbst zu versorgen und wollen mittelfristig völlig unabhängig sein. Na, viel
Glück Euch beiden – der Nachmittag war auf jeden Fall sehr nett.
An einem unserer freien Tage bezwingen wir den Mt. Warning. Dieser Berg ist immerhin 1.150m hoch und
wir schaffen den Aufstieg in knappt 3 Stunden. Es schlängeln sich 4,4km durch Regenwald, Wildnis und
Felsgestein. Manchmal müssen wir sogar klettern und uns an einem Fangseil nach oben ziehen. Aber oben
angekommen, werden wir mit einem wundervollen Ausblick belohnt. Würden man die Spitze des Mt. Warning
vor Sonnenaufgang erreichen, so wäre man der Erste, der in Australien die Sonne aufgehen sieht. Aber
ihr könnt euch sicher vorstellen, dass wir lange nach Sonnenaufgang erst in die Gänge gekommen sind.
Der Aufstieg war auf jeden Fall sehr anstrengend und ermüdend, aber es hat sich gelohnt und ist ein
Muß für jeden, der die Ostküste entlang reisst!
Es fällt uns schwer an Abschied zu denken und wir versuchen auf der Farm so gut wie möglich
mitzuhelfen, um uns auch tatsächlich unsere Mahlzeiten zu verdienen. Mal sammeln wir Mulch für die
Beete und mal fällen wir einen Baum und verbrennen den Unrat. An einem Tag holen wir große Steine
vom Fluss und am nächsten Tag versuchen wir damit eine Steinwand zu bauen. Hier gibt es keine Eile.
Es wird in aller Ruhe gearbeitet und man hat viel Zeit. Aber zum Schluss steht uns eine große Aufgabe
bevor. Jo und Paul wollen die Veranda und das Aussengebälk und das Innendach neu streichen. Eine
endlos lange Arbeit steht uns bevor und wir fangen tapfer an, jeden einzelnen Pfosten der Veranda
zu schruppen und zu reinigen. Das scheint hier schon lange dringend nötig gewesen zu sein, denn
hier wimmelt es von Spinnweben und Schmutz, der sich niedergelassen hat. Die Arbeit ist nicht
unbedingt angenehm, aber das Resultat sehenswert. Wir verbringen etliche Stunden mit schrubben
und streichen. Hier begegnet uns auch unsere erste „tödliche Gefahr“. Eine Redback Spider krabbelt
über die Veranda. Ganz unscheinbar sieht die Spinne aus und eigentlich kann man sich nicht so
richtig davor fürchten, aber angeblich kann ein Biss von diesem Exemplar tödlich enden. Das Tierchen
hat die Putzaktion leider nicht überlebt. Ganz im Gegensatz zu der kleinen „Tarantulla“ in unserem
Schlafzimmer. Die sah gar nicht so friedlich aus und war auch ungefähr 10x so gross. Wir mussten sie
in einer Tupperschüssel einfangen, weil ein Glas nicht gross genug war. Die Dame sitzt jetzt irgendwo
in der Landschaft und Katja ist froh, dass sie mittlerweile 200 Kilometer entfernt von dem Schocker ist.
Nach zwei Wochen merken wir, dass uns die Reiselust wieder packt und es ist Zeit Abschied zu nehmen.
Das fällt uns natürlich nicht leicht, aber wir wollen ja schliesslich Australien erkunden und müssen
unser gemütliches und warmes Nest verlassen. Wir danken Joanne und Paul für die schöne und lehrreiche
Zeit. Wir haben es sehr genossen und freuen uns schon auf ein Wiedersehen.
So…falls ihr Interesse habt, könnt ihr Euch die Bilder im Pic-Bereich ansehen.
Und falls ihr Zeit und
Lust auf einen Ausflug in die Farmwelt habt, Joanne und Paul freuen sich auch über weitere Wwoofer.
Wir geben euch gerne die Adresse!!